Elisabeth Luchesi –
Springlebendige Stilleben

Atelier
Mintropstraße 20
40215 Düsseldorf

e.luchesi@gmx.de

Elisabeth Luchesis Bilder demonstrieren auf eindringliche Weise, daß Stilleben nicht zwangsläufig still zu sein haben: Mediterrane Teller, Schüsseln, Platten und Pokale tanzen aus der Reihe, fangen sich aber für den Moment des Bildes in einem, wenn auch labilen, Gleichgewicht.
Da schaukeln Äpfel heiter in ihrem Korb, und Orangen sitzen aufgereiht wie ein erwartungsvolles Publikum in ihrer Kiste. Als kleine Kreisel schieben sich anmutig Feigen über das Tablett. Kürbisse und Melonen kullern gefährlich nah an der Kante herum. Gleich einer ausgelassenen Kinderschar toben die doch eigentlich unbelebten Gegenstände über die Bildfläche. Das Klirren und Scheppern von Glas und Porzellan ist förmlich zu hören, und in der Luft liegt der verführerische Duft reifen Obstes.
Bei diesen springlebendigen Stilleben kommen Zweifel auf, ob der Ort im Bild wörtlich genommen werden will, oder ob es sich nicht vielmehr um einen symbolischen Ort handelt, der von einer persönlichen Begegnung mit der Welt berichtet.

"Stilleben I" 2000, 50x 70 cm, Acryl/Papier

"Stilleben II" 2000, 50 x 70 cm, Acryl/Papier

So haftet der Zweidimensionalität des Bildes seit jeher etwas Irrationales an, weil sie im Gegensatz zur Welt, die ertastbar und erspürbar ist, in der Natur nicht erfahrbar ist, was sie schon immer zur Darstellung des Imaginierten prädestiniert hat – ob nun zur Versinnlichung des Transzendenten oder der Spiegelung des eigenen Ichs. Das Gemälde bildet nicht nur die Dinglichkeit ab, sondern ist Modell einer geistigen Sphäre – wird Spiegel der Seele.
Trennte man beim sakralen Bild, aus dessen Nebenszenen das Stilleben erwachsen ist, noch penibel zwischen Alltag und Vision, äußerer und innerer Welt, sichtbarem Erscheinungsbild und innerer Befindlichkeit, so entwickelte sich über den Umweg der Metapher, um die reiche Sichtbarkeit zu erweitern, das moderne Bildverständnis. Die Schau nach außen wird zum Äquivalent eines Blickes nach innen, bei dem das Außen als dingliches Gegenüber es dem Betrachter ermöglicht, seine eigene Individualität und Subjektivität einem sinnfälligen Ganzen – eben der Welt – beizuordnen.

Es ist die Illusion einer aus der Distanz gewonnen Beobachtung seiner Selbst. So begreift die Moderne das Bild, vor allem dann, wenn es sich wie das Stilleben vollständig einer erzählerischen Handlung zu verweigern scheint, als erinnerte äußere Ansicht. Der Modus des Dargestellten, das Aroma, gibt dabei den Ton an.
Auf Elisabeth Luchesis Stilleben ist was los. Die Vorstellung von Stilleben, auf denen alles auf dem Höhepunkt seiner Reife und Blüte ist und auf ewig bleibt, wird Lüge gestraft. Anstelle der erwarteten Beruhigung durch den vermeintlich gleichbleibenden Zustand erfährt man diese zunächst in der Art einer Beruhigung. Alles ist in Aufruhr und Bewegung begriffen, neugierig auf Expedition unterwegs. Entdeckt wird ein pralles Bündel an Möglichkeiten, vielleicht sogar mehr als man sich wünschen mag.

© Jutta Saum 2001

"Sommer" 1999, 14,5 x 21 cm, Kohle/Ölkreide/Papier