Ralf Günter Gensler –
Jedenfalls der Erde näher als den Sternen

Jedenfalls der Erde näher als den Sternen. So kommt der Gedanke an Landschaft auf: Oben und Unten, die Linie des Horizonts, Landschaften sind es nicht; aber wie könnte ich mich der Natur entziehen?

In meinen Arbeiten haben die hellen und dunklen Buntfarben einen hohen Stellenwert. Hingegen steht das Gegenständliche nicht im Vordergrund. Die Arbeit ist für mich das Suchen nach angenehmen Gefühlen, die wir in uns tragen – ohne mit ihnen zu spielen. Der Reiz der Dinge, die damit verbundenen Empfindungen, versprechen Erfahrung mit der Selbstdarstellung. Farben direkt und unvermischt auf die Arbeitsfläche gebracht, ein anderes Mal gemischt, führen zu einem Ergebnis im Bild. Erst dann, wenn das in der Realität vorgefundene Objekt als Fundament mit den Farben zu einem neuen Gefüge verschmilzt, entstehen neue Dinge, andere verschwinden, wo Farben ineinander fließen. Die Bilder entstehen aus vergangenen visuellen Eindrücken, die in einem bestimmten Alltagszyklus eines Jeden unterschiedlich aufgenommen werden.

Ohne Titel
"Ohne Titel", 2002,
160 x 160 cm, Öl auf Leinwand
"Ohne Titel", 2002, 160 x 160 cm,
Öl auf Leinwand

In den Arbeiten werden die Objekte der realen Welt in einer farbigen spielerischem Ebene definiert und auf eine Art und Weise gezeigt, die für jedes Auge ein Spielfeld ist. Durch diese vergangenen, visuellen Eindrücke – vermischt mit eigenen Visionen – überlagern und verlagern sich die Farbgebungen und verändern ihren wahren, wirklichen Charakter.
In diesem Sinne ist die Beschäftigung mit metallischen Objekten ebenfalls ein Teil der Auseinandersetzung mit der Vergänglichkeit der Dinge. Hier geht es um Ursprung, Bearbeitung, Gebrauch und Zerfall, reduziert auf die pure Form. Es entstehen und verschwinden die Farbgebungen als Prozeß im und um das Material. Die Form ist sekundär und nicht direkt im Bild. Damit korrespondiert das Gefühl, ohne Regel zu malen und sich an keine Form zu binden. Das gleiche gilt für den Betrachter, denn die Form im Bild zu finden, heißt zugleich auch den Widerstand zu überwinden und in das Gefüge einzubinden. Hierdurch bekommt das Bild seinen endgültigen Charakter. Linien durchbrechen die Form, zerstören den Blick auf das Objekt und sind gleichzeitig Hinweis, sich wieder von der Form zu lösen und der Einladung der Farben nachzukommen. Es gilt, nicht nur den Zweck zu zerstören oder von ihm abzulenken, sondern das Bild mit einer Linie zu teilen und gleichzeitig zu vermitteln: Sich treiben zu lassen, das Gefühl zu haben, sich im Bild zu reflektieren, zu spüren, was lange nicht mehr berührt wurde.
Dies alles eröffnet ein breites Spektrum, eine Bühne für vorhandene Sinne und führt zu einer Gratwanderung zwischen der täglichen Ordnung der Dinge und deren unbewußter Seite. Das Leben als immer schneller werdender Zug, vorüberbrausende Szenerien, keine Zeit für Innehalten und Vergewisserung. Meine Art zu Malen ist ohne Regel: Nur das was inspiriert, wird spontan im Bewußtsein der Gefühle und Grenzen imaginärer Toleranz umgesetzt.

© Ralf Günter Gensler 2002

Ab geht die Post!