Am Puls der Kunst


Startschuß für den diesjährigen Rundgang in der Kunstakademie

Die letzten Vorbereitungen für den jährlichen Rundgang in der Kunstakademie laufen an: Überzählige Leinwände werden verstaut, Emporen mit Vorhängen abgehängt, und Farben und Pinsel aus den Klassenräumen verbannt, denn ab Mittwoch verwandelt sich die Hochschule für vier Tage in ein gigantisches Museum. Nur, dass man hier nicht etablierte, sondern ganz frische Kunst zu sehen bekommt, denn rund 550 Kunst-Studentinnen und -Studenten zeigen ihre Arbeiten aus dem vergangenen Jahr. Da wird’s dann schon mal eng und so sind neben den Klassen auch die Flure und Treppenhäuser gut gefüllt. Die Wände der frisch renovierten Räume durften allerdings nicht verletzt werden. In luftiger Höhe von sieben Metern durchzieht nun wie ein roter Faden eine Hängeleiste das gesamte Gebäude. Daran hängt die Kunst an langen Schnüren.
Fotographie und neue Medien nehmen mehr Raum ein als in den vergangenen Jahren. Elektromechanische Blumen vom Rinke-Schüler Peter Schmitt erblühen auf dem Podest des Treppenhauses und Tzu Hsun Lee, ebenfalls aus der Rinke Klasse, zeigt ein sich drehendes, dampfendes, knallbuntes Karussell. Eher ruhig und meditativ ist dagegen die Videoarbeit von Andrea Breidbach, Studentin von Irmin Kamp. Das Gesicht einer alten Frau, das in immer neuen Ansichten sichtbar wird, projiziert sie auf eine sich im Luftzug bewegende, dünne, zittrige Plastikfolie, die an welke Haut erinnert. Drei mal täglich wird im Hörsaal zu sehen sein, was die Filmklasse von Hubertus Neuerburg zu bieten hat.
Bei Prof. Rabinowitch ist es Tradition, den Klassenraum jeweils einem einzigen Studenten anzuvertrauen. So hat Thomas Trinkl den Eingang zur Klasse mit einer riesigen Holzwand verstellt. Sie ist gerade soweit von der Wand entfernt, dass man ahnt, es handelt sich um eine Seite einer riesigen Kiste. Gewissheit über deren Ausmaße erlangt man allerdings erst, wenn man von außen durch die hohen Sprossenfenster in den Eckraum schaut. Immer aber bekommt man nur eine Wand zu Gesicht, die komplette Ansicht gelingt nicht, der Raum im Raum bleibt Fragment und vollendet sich nur im Gedanken.

Anne-Katrin Puchner aus der Klasse Kamp zeigt einen Miniaturpool, in dem mit grellen Badekappen geschützte Schaufensterpuppenköpfe von kleinen Elektroschrauben angetrieben ihre Runden drehen. Die skurrilen, sich in ihrer Starre seltsam mechanisch vorwärts bewegenden menschlichen Fragmente suggerieren die Vorstellung von einem vollständigen Körper, der aber real nur als Prothese sichtbar ist. Wie sich das vom Wind aufgewühlte Fell eines irischen Wolfhundes in Ton gestalten lässt, interessiert die Kamp-Schülerin Bettina Pautz.
Malerei ist es aber, die beim diesjährigen Rundgang dominiert. Anklänge an die Reklamemalerei der 50er mit harten Konturen, flächigem Bildaufbau und spektakulären Reflexen sind neben Arbeiten zu finden, bei denen augenscheinlich die Fotografie Pate gestanden hat, denn oft werden Ausschnitte gewählt, die eher mit der Kamera, als mit dem Auge erblickt worden sind. Anders dagegen Ivo Lucas aus der Rissa-Klasse. Er schachtelt verschiedene Bildebenen- Zeichenhaftes, Malerisches und Ornamentales - humorvoll übereinander. Da erscheint eine Gruppe afrikanischer Krieger mitten in der gutbürgerlichen Stube oder Venus schwebt ganz selbstverständlich zur heimischen Balkontür hinein. Klassische Themen wie Akt und Portrait sind in der Anzinger-Klasse ein Thema. Bei Katharina Kolesinski schälen sich aus dem dunklen Hintergrund Köpfe heraus. Marcus Schäfer und Michael Falkenstein setzen sich mit dem Kolorit und dem Farbraum beim Thema Landschaftsmalerei auseinander. Richtig interessant wird es allerdings, wenn das Gegenständliche ambivalent gerät, wenn der Augenblick getroffen wird, in dem etwas gleichzeitig als Farbe und Form bestehen bleibt, so wie es der Lüpertz Schülerin Ilka Meschke gelingt.

Kunstakademie Düsseldorf, Eiskellerstr. 1, Rundgang, 6.- 8. Februar, 9 h - 20 h, 9. Februar 10 h –18 h.

© Jutta Saum 2002

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